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2018年02月05日 | カテゴリー: Articles, SBZ

Sie gehen auf einen Bundesratsbeschluss vom 17. November 1884 zurück:

«Briefpost-Sendungen von Drucksachen zur Ansicht werden  in den Händen des Adressaten belassen, damit er sich über die Annahme oder Nichtannahme derselben entschliesse. Wenn der Adressat die Sendung innert 4 Tagen, von der Ankunft derselben auf der Bestimmungspoststelle angerechnet, refüsirt, so geschieht die Rücksendung an den Aufgeber taxfrei, im Falle späterer Refüsirung aber nur gegen Entrichtung der vollen Drucksachentaxe.
Wenn eine Einsichtsendung innert 4 Tagen refüsirt wird, so hat dieselbe auf der Adresse den Vermerk zu tragen: ‹Rechtzeitig refüsirt›. Die Richtigkeit dieser Bemerkung ist Seitens der Bestimmungspoststelle durch Beisetzung ihres Datumstempels zu bescheinigen. ...»

Dieser Beschluss wurde umgehend in Kraft gesetzt. Um die Rücksendung der Drucksachen zur Ansicht zu erleichtern und um Klarheit zu schaffen, wurde im Postamtsblatt vom 14. März 1888 (Verfügung Nr. 50) eine besondere Etikette angekündigt:
«... haben wir besondere Etiquetten (in Blättern à 20 Stück) drucken lassen, welche in deutscher und französischer Sprache die Bezeichnung ‹rechtzeitig  refüsirt› (refüsé à temps) tragen und den nöthigen Raum für den Abdruck des Datumstempels bieten.
Diese neuen Etiquetten (Form. Nr. 203) können in üblicher Weise bei den Kreispostdirektionen (Materialabteilung), denen ein angemessener Vorrath demnächst ohne Weiteres geliefert wird, bestellt werden.»

Die ersten Etiketten (Typen 1 und 2) wurden von der Firma Collin in Bümpliz BE gedruckt.

Rote, zweisprachige Etikette «Rechtzeitig refüsirt» – Typ 1

Abbildung 1 zeigt eine zurückgewiesene Drucksache zur Ansicht von Chur nach Flims. Auf der Etikette vom linken unteren Bogenrand ist der Druckvermerk «C.B.» (Collin Bümpliz), das Druckdatum (März 1888) und die Auflage (60000 Blatt zu 20 Etiketten) zu sehen. Es handelt sich hier um das früheste bekannte Verwendungsdatum dieser Etikette. Ein Highlight in meiner Sammlung.

Trotz der recht hohen Auflage sind bis heute nur ganz wenige Belege mit dieser sehr seltenen Etikette bekannt. Man kann sie an einer Hand abzählen. Die allermeisten Umhüllungen wurden bei der Rücknahme der zurückgewiesenen Drucksachen aufgerissen und landeten im Papierkorb.

Rote, zweisprachige Etikette «Rechtzeitig refüsiert»  – Typ 2

In  einer  nächsten  Auflage  (ab  Dezember  1891)  wurde  «refüsirt»  in  «refüsiert»  geändert.  Auch Belege mit dieser seltenen Etikette zu finden, ist ein schwieriges Unterfangen. Ich besitze lediglich deren zwölf. Die meisten kleben auf Rücksendungen des «Schweizerischen Lehrerkalenders 1913».

Absenderin dieser Drucksachensendung war die Firma F. Uhlmann-Eyraud in Genf, die es heute noch gibt. Im Jahr 1903 hatte sie ihre Niederlassung in Zürich eröffnet. Ab 1910 konzentrierte sie ihre Tätigkeit auf den Vertrieb von pharmazeutischen Spezialitäten, Hygieneprodukten und Kosmetika, welche in Apotheken und Drogerien zum Verkauf kamen. Auch den Kaugummi «Chiclets» hatte sie in ihrem Sortiment. «F. Uhlmann-Eyraud» ist heute auf jeder Verpackung von «Fisherman’s Friend» zu finden.

Rote, dreisprachige Etikette «Rechtzeitig refüsiert» – Typ 3

Die grünen Etiketten wurden erst ab Dezember 1909, auf Intervention der Kreispostdirektion Bellinzona im April 1904, dreisprachig gedruckt. Siehe meinen Artikel in der SBZ 9/2017.
Doch bereits ab Oktober 1905 gelangten diese roten, dreisprachigen Etiketten an die Postschalter. Es ist das erste Mal, dass ein italienischer Text auf einer Etikette erscheint. Auch dieser Umstand bestätigt den besonderen Status von Form Nr. 203. Der Druck erfolgte nun durch die Firma Benteli A.G. in Bümpliz.

Rote, dreisprachige Etikette «Rechtzeitig zurückgewiesen» – Typ 4

Im Juni 1912 wurde der deutsche Text geändert: «Rechtzeitig zurückgewiesen» statt «Rechtzeitig refüsiert». Diese Etikette gibt es mit und ohne Punkt nach «zurückgewiesen».

Absender der Druckschriftensendung zur Einsicht unter einem Streifband war das Kloster der Visitation, Gebetsapostolat, in Solothurn. Sie richtete sich an das «löbliche» Frauenkloster Au bei Einsiedeln. Die fristgerechte Rücksendung erfolgte drei Tage später. Begründung: «Nicht angenommen weil schon versehen.»

1684 brannte das alte Kloster in der Au fast vollständig ab. Nach dem Wiederaufbau blieb die Klosteranlage bis 1881, dem Neubau der Kirche, unverändert. Anfang 2017 lebten im Benediktinerinnenkloster 13 Ordensschwestern.

Nun möchte ich Ihnen einen aussergewöhnlichen Beleg vorstellen:

Zuerst wurde am 30. Oktober 1913 in Mülchi BE die alte Etikette (Typ 3) aufgeklebt. Beachten Sie den Stempel. Schon immer haben mich solche fasziniert, bei denen die Ä-, Ö- oder Ü-Punkte in den Stempelkreis übergehen. Am Tag darauf kam in Bern die neue Etikette (Typ 4) hinzu, bevor es an die Limmatstadt weiterging. Warum die Rücksendung nicht direkt nach Zürich erfolgte, ist mir schleierhaft.
Im Gegensatz zu Belegen mit den roten zweisprachigen Etiketten, die kaum zu finden sind, werden die dreisprachigen dann und wann angeboten. Einige davon finden sich auf Fragmenten von Rücksendungen des «Schweizerischen Lehrerkalenders» (1913 und 1914). Auf anderen zurückgewiesenen Drucksachen zur Ansicht machen sie sich rar.

Schwarze, dreisprachige Etikette «Rechtzeitig zurückgewiesen» – Typ 5

Im Januar 1918 erschien die letzte Etikette dieser Art. Es wurde ein kleineres Format gewählt. Es ist dies die erste schweizerische Etikette, die in Schwarz daherkam. Die Bogen umfassten nun 40 Etiketten und waren mit einem Liniendurchstich versehen.

Diese Etikette ist auf Belegen extrem selten. Bis heute konnte ich im Verlaufe vieler Jahre erst eine einzige korrekte Verwendung dieses Zettelchens auf einer Drucksache zur Ansicht finden.

Das «köstlich erfrischende» Geschenkbuch von Otto Funke (1836–1910) «In der Schmiede Gottes» hat Herrn Wackernagel wohl gar nicht gefallen. Er hat die Sendung am Tag darauf refüsiert. Das Buch umfasste 240 Seiten und war 300 Gramm  schwer. Die feine Umhüllung der Ansichtssendung wurde bei der Rücknahme aufgerissen. Es grenzt an ein Wunder, dass dieses Fragment erhalten geblieben ist.

Bei allen anderen, sehr wenigen Belegen mit dieser Etikette, die ich kenne, handelt es sich um zurückgewiesene Nachnahmen. Wohl haben einige Poststellen diese selten benötigten Zettelchen so aufgebraucht. Von Ettingen BL besitze ich zwei derartige Belege.

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